Über das Projekt

Net Olam – Jüdische Friedhöfe im Fokus von Antisemitismus und Prävention

Über 2.000 jüdische Friedhöfe in Deutschland stellen ein einzigartiges religiöses und kulturelles Erbe dar, das teilweise bis ins Mittelalter zurückreicht. In vielen Gemeinden sind sie die letzten sichtbaren Zeugnisse jüdischer Geschichte. Fast alle Friedhöfe wurden in der Zeit des Nationalsozialismus geschändet. Ein großer Bestand an Grabsteinen ging dabei verloren, nicht wenige Friedhöfe wurden sogar eingeebnet und bebaut. Im Gegensatz zu Gräbern der christlichen Tradition muss nach dem jüdischen Religionsgesetz das Grab ewig, d.h. bis zum Jüngsten Tag erhalten werden, da nur durch ein unversehrtes Grab die Auferstehung des Toten gewährleistet ist. Eine Schändung hat im Judentum daher eine größere Wirkung als im Christentum. Und nicht zuletzt kommt angesichts der Millionen Opfer der Shoah, die ohne Grabstätte geblieben sind, den vorhandenen Gräbern für die Angehörigen der Opfer und die jüdische Gemeinschaft eine besondere Bedeutung zu. Doch auch nach Kriegsende wurden jüdische Begräbnisplätze immer wieder Ziel von Angriffen. Noch immer werden jährlich zahlreiche Schändungen bekannt, wobei die Schäden oft nicht mehr zu beheben sind. Diese Taten wirken nicht nur auf die Angehörigen und die jüdischen Gemeinden vor Ort, sondern erschrecken auch die jüdische Gemeinschaft weltweit sowie die Zivilgesellschaft.

Diese Website stellt Forschungsdaten zu Schändungen und Angriffen aller Art auf Gräber, Gebäude und Anlagen jüdischer Friedhöfe in Deutschland seit 1945 bereit, die einem konkreten jüdischen Friedhof zugeordnet werden konnten. Bislang konnten über 2.000 solcher Fälle dokumentiert werden. Bei vielen weiteren Schändungen ist nur die Region oder Stadt bekannt.

Die Angriffe können über den jeweiligen Friedhof entweder in der Kartenansicht oder in der Katalogansicht abgerufen, der gesamte Datensatz (CSV, JSON) zudem heruntergeladen werden. Die Website bietet auch Informationen zu Vorgehensweisen, Tätern und Zeitpunkten, mitunter auch zu juristischen oder gesellschaftlichen Reaktionen auf die Taten. Verschiedene Filter ermöglichen gezielte Suchabfragen nach Schändungsformen, Zeiträumen, Bundesländern oder Orten.

Für weitere Hinweise zur Website, ihrer Nutzung sowie der Datengrundlage beachten Sie bitte unsere FAQ.

Das Projekt

Das Verbundprojekt „Net Olam. Jüdische Friedhöfe im Fokus von Antisemitismus und Prävention“ wurde in den Jahren 2021 bis 2025 durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF, ab 2025 BMFTR) gefördert. Die drei Verbundpartner hatten unterschiedliche Schwerpunkte für ihre Forschung:

  • Im Teilprojekt „Schändung jüdischer Friedhöfe in Deutschland: Systematische Erhebung, Analyse und Aufbau eines präventiven Netzwerks“ wurden am Salomon Ludwig Steinheim-Institut für deutsch-jüdische Geschichte, Essen (Dr. Helge-Fabien Hertz), Angriffe auf jüdische Friedhöfe in Deutschland untersucht. Durch umfangreiche Archivrecherchen, Literaturauswertung und Gespräche mit den jüdischen Landesverbänden sowie den Landeskriminalämtern sollte eine möglichst vollständige Erhebung der Schändungen seit 1945 erfolgen.
  • Im Teilprojekt „Gedenken, Mahnen, Lernen – Jüdische Friedhöfe als Orte der Erinnerungslandschaft“ untersuchte die Bet Tfila – Forschungsstelle für jüdische Architektur in Europa an der TU Braunschweig (Dr. Katrin Keßler) die Rolle und zukünftige Möglichkeiten für jüdische Friedhöfe als Teil der Erinnerungstopographie. Dafür wurden bestehende Modelle zur Einbeziehung jüdischer Friedhöfe in die Vermittlungsarbeit und als außerschulische Lern- und Gedenkorte betrachtet, um Empfehlungen für die Zukunft zu erarbeiten.
  • Das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege (BLfD, Elisabeth Singer-Brehm M.A.) untersuchte im Teilprojekt „Schändungen jüdischer Friedhöfe in Bayern – Schadensbilder, Ausmaß, historischer Kontext, Analyse“ anhand von Fallbeispielen die konkreten Folgen der Schändungen für den Bestand der Grabmäler und den mikrohistorischen Kontext der Schändungsereignisse. Die Schadensbilder wurden in einer innovativen Onlinedatenbank beschrieben und damit erstmals als statistisch auswertbare Daten über Art, Qualität und Ausmaß der Schäden erfasst. Das Teilprojekt kooperierte eng mit dem 2020 vom BLfD gestarteten Projekt „Erfassung jüdischer Grabmäler in Bayern“ zur umfassenden Dokumentierung der ca. 80.000 Grabsteine in den 124 jüdischen Friedhöfen Bayerns.

Forschungsnetzwerk Antisemitismus im 21. Jahrhunderts

Das Projekt Net Olam war eingebunden in das „Forschungsnetzwerk Antisemitismus im 21. Jahrhundert“ (FoNA21) in der Förderlinie „Aktuelle Dynamiken und Herausforderungen des Antisemitismus“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung mit insgesamt zehn Verbundprojekten sowie einem Meta-Projekt. Weitere Informationen dazu finden Sie hier.

Veröffentlichungen aus dem Projekt

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